Alles ins Gold: Bogenschießen in Rabenstein – Bericht in der Freien Presse 01.07.2015

Bogenschießen ist nicht nur eine der ältesten Jagdformen der Welt, sondern auch die Kunst des Loslassens. Der Sport fördert Wahrnehmung und Konzentrationsfähigkeit, entschleunigt den Puls, wirkt entspannend und reduziert Stress. Außerdem wird die Rückenmuskulatur gefestigt und die Körperspannung gestärkt.

Es gibt genug Gründe, an einem Einsteigerkurs teilzunehmen. Beim Bogensportclub Chemnitz Rabenstein e.V. erstreckt sich dieser über zwei Wochenenden. Nach erfolgreich abgelegter Bogenprüfung darf sich jeder Teilnehmer mit der „Weißen Feder“, das ist so etwas wie das Seepferdchen des Bogensports, schmücken. Fein fein, wandele ich also auf den Spuren von Robin Hood.

Bevor wir einen Pfeil jedoch überhaupt irgendwohin schießen, üben wir den Bewegungsablauf mit dem Terraband. Schließlich erfordert perfektes Bogenschießen Perfektion in der Haltung, Perfektion im Zielen und Perfektion in der Technik. Menschen mit perfektionistischen Zügen fühlen sich hier sicher gut aufgehoben. Ich zähle leider nicht dazu.

Meine Füße stehen im falschen Winkel, meine Hüfte ist schief, meine Schulter verkrampft. Von meiner Zughand reden wir lieber gar nicht. Mit Bogen wird es auch nicht besser. Wir schießen mit sogenannten Recurve-Bögen, meiner hat eine Zugkraft von 16 Kilogramm. Wie soll man dabei locker bleiben? Als wir endlich mit Pfeilen schießen dürfen, treffe ich prompt – mit der Sehne meinen Arm. Autsch. Der Pfeil schwebt indes in hohem Bogen über die Zielscheibe und landet irgendwo im Gras. Nach ein paar Versuchen treffe ich zumindest das Holz.

Für die Bogenprüfung heften Monika Haberkorn und ihr Sohn Peter ein Papier mit weißen, schwarzen, blauen, roten und gelben Ringen auf die Zielscheiben. Gelb – oder Gold, wie es die Schützen euphemistisch nennen – liegt in der Mitte und bringt folglich die meisten Punkte. Fast alle der 13 anderen Schützen, die am Einsteigerkurs teilnehmen, treffen auf Anhieb. Was mache ich falsch? Monika springt herbei und zupft an meiner Haltung. „Rücken gerade! Schulter locker! Nein, locker! Was machst du eigentlich mit deiner Hand?“ Bei mir stimmt gar nichts, bin viel zu verkrampft. Ich muss zurück ans Terraband.

Beschämt trotte ich in die Ecke und lasse das rote Band schnipsen. Wieder und wieder. Nachdem ich das ein paar dutzend Mal gemacht habe, darf  ich zurück zu den anderen. Die ersten haben sogar schon die Prüfung geschafft. Dafür weiß ich zumindest, was ich vorhin falsch gemacht habe. Während das Band schnipste, machte es bei mir Klick. Ich treffe den Pfeil jetzt jedes Mal in die bunten Ringe. Einmal sogar ins Gelb. „Du kannst es!!“ Monika freut sich fast mehr als ich.

Das Schwierigste ist für mich das Loslassen des Pfeils. Wieder und wieder kontrolliere ich meinen Stand, meine Armhaltung, meine Schultern, meine Zughand und vor allem die Schussrichtung. Kompliziert ist das Zielen vor allem deshalb, weil man sich nicht an der Pfeilspitze orientieren kann. Die Zielscheibe steht in nur fünf Metern Entfernung,  aufgrund seiner ballistischen Flugbahn würde der Pfeil jedes Mal über die Scheibe fliegen, wenn man direkt in die Mitte zielt.

Mit der Zeit habe ich den Bogen aber raus und sogar richtig Spaß. Pfeil einlegen, Sehne spannen, Bogen hoch, Pfeil loslassen  – sssst und Treffer. Ab und zu streift die Sehne zwar immer noch meinen Oberarm, aber es heißt ja nicht umsonst Lernen durch Schmerz. Außerdem erinnert mich der Bluterguss auch nach dem Einsteigerkurs daran, meine Schultern locker zu lassen.

Am Ende habe ich die Prüfung zur Weißen Feder trotzdem nicht geschafft. Mir fehlen popelige 15 Punkte. Dafür ist mein Ehrgeiz geweckt. Wäre doch gelacht, wenn ich die nicht noch schießen würde. Ich komme wieder! Perfektion ist letztlich auch nur Übungssache.

Perfektes Gelingen wünsche ich den Chemnitzer Schützen auch für die Deutschen Meisterschaften am 22. Und 23. August, die dieses Jahr auf dem Rabensteiner Sportplatz stattfinden. Alles in Gold!

Den Bericht mit Bildern und Video könnt ihr euch hier ansehen!